Service Realtime! Edt.1 – Madam Helga: „I hope you’re as ecstatic as I am“

Ich habe eine neue Kategorie mit dem Namen „Service Realtime“ gestartet in der ich meine persönlichen Serviceerlebnisse als Kunde zusammenfassen möchte. Ich möchte nur auf „Bright spots“ aus meiner Sicht hinweisen und aufzeigen, wie Serviceerbringung in unterschiedlichen Aspekten gut funktionieren kann bzw. schon funktioniert!

Mein erstes Bright spot Serviceerlebnis, über das ich berichten will, handelt von der Firma Hipstamatic die eine (meiner Meinung nach) sensationelle Fotoapp für das Iphone entwickelt hat und den touchpoint bei der Bestellung und Abwicklung der Bestellung der Fotos im Onlineshop HipstaMart originell ausformuliert hat: Eine Begrüßung mit „Konichiwa“ und Servicemitarbeiter die „I hope you’re as ecstatic as I am“ sind?

Es funktioniert! 🙂

Grundsätzliches: Der touchpoint ist der sog. Kontaktpunkt, wo der Kunde mit dem Unternehmen in Kontakt tritt (daher ja auch „touchpoint“). Dieser kann für das Unternehmen sichtbar oder unsichtbar sein (sichtbar: z.B. Kunde plaudert tatsächlich mit einem Servicemitarbeiter; unsichtbar: z.B. Kunde geht auf die Website des Unternehmens und macht sich über das Unternehmen schlau bzw. holt sich die Meinung von anderen Kunden ein). Der sichtbare touchpoint kann u.a durch Servicemitarbeiter-schulung recht gut ausdesigned werden und gute Servicemitarbeiter haben die Möglichkeit, recht zeitnah (realtime) auf Kundenbedürfnisse zu reagieren.

Anders verhält sich die Sache mit den unsichtbaren touchpoints: Hier kann man nur bedingt einwirken auf die Wahrnehmung des Kunden, da man im Normallfall nicht direkt mit dem Kunden kommunizieren kann (z.B. Kunde betrachtet eine Website meines Unternehmens).

Wichtig ist nur: Man muss sich als Unternehmen sehr genau im klaren sein, dass diese Kontaktpunkte gut ausformuliert werden müssen.

Jan Carlzon [Car92], ehemaliger SAS CEO, hat den Begriff des Moment of Truth geprägt: Der ist nämlich dann gegeben, wenn ein Mitarbeiter der SAS mit einem Kunden in Kontakt kommt. Dort entscheidet es sich für das Unternehmen: Ist der Kunde zufrieden mit dem Kontakt, passts, wenn nicht, eh schon wissen….

Es gibt hier tolle Literatur, die in dem Zusammenhang wirklich erwähnenswert ist (siehe Quellen u.a. [Sch11]  am Ende des Dokuments).

Hipstamatic hat nun folgendes Geschäftsmodell:
Fotos können mit der Hipstamatic App am Iphone gemacht werden. Die App kostet nur ca. 2 Dollar (Stand Nov. 2011). Hier gilt: Economy of scales und Revenue streams werden über Zusatzfunktionen gemacht (z.B. anderes Objektiv oder anderer Film).
Die Bilder haben einen besonderen Charm, da man den Fotofilm, die Objektive und Blitz digital ändern kann (Beispiel eines Fotos siehe Abbildung 1): 

Abb.1: Novembereindrücke (Fotokünstler: ich selbst! Dank Hipstamatic)

Um nun die Bilder entsprechend zur Geltung zu bringen, bietet Hipstamatic an, im eigenen Entwicklungslabor (HipstaMart) die Bilder zu entwickeln.

Das ist alles noch nicht aufregend, wir kennen das zur natürlich von anderen Fotoentwicklungsgeschäftsmodellen.

Interessant ist aus meiner Sicht, wie hier der touchpoint aus Email-Kommunikationssicht mit dem Kunden designed ist.

Wenn man über das Iphone eine Bestellung aufgibt, dann bekommt man die klassische Email über den Eingang der Bestellung. Hipstamart geht neue Kommunkationswege die mich persönlich begeistert haben:

Betreff: Hipstamart Order *****// Got it!

Konnichiwa-

I’m Robo Panda, one of the HipstaMinions. I will be managing your order with us.

In just a minute I’ll send your prints over to Lil‘ Jimbo and the print baking machine. Once it’s ready for shipping Madam Helga will message you and let you know your order is on its way. Remember, your HipstaPrints are processed with photo chemistry and each day we test them to ensure greatness of quality.

Oh, and you can track and manage your order at: http://hipstamart.com/hipstamart/orders/****

HipstaMinions are just a tasty piece of software. So, if you have questions that only REAL people can help you with, contact customer services at: http://hipstamart.com/hipstamart/support_requests/new

Arigatou,
Robo Panda, HipstaMinion
Director of New Orders

Das ist doch schon mal deutlich was anderes, als die klassischen Emails, die so in die Emailbox eintrudeln, wenn man eine Bestellung aufgegeben hat!

Es geht weiter mit originellen Emails: Die Bestellung von mir wird von HipstaMart versandt, und wieder bewirkt die Information darüber bei mir ein Lächeln:

Betreff: Hipstamart Order ******// Here it comes!

OMG…

Your Print Pak is on its way. I can’t even believe how awesome your prints turned out–you are probably the best Hipstographer ever!

I hope you’re as ecstatic as I am. If you are you can track your order at: http://hipstamart.com/hipstamart/orders/**** (von mir gelöscht)

In the event that you delete my message, your tracking and other order information can be found on your account at: http://hipstamart.com/hipstamart/session/new

My boss makes me add this next part…
HipstaMinions are just a tasty piece of software. So, if you have questions that only REAL people can help you with, contact customer services at: http://hipstamart.com/hipstamart/support_requests/new

Like whoa,
Madam Helga, HipstaMinion
Shipping Coordinator

Mein Fazit

Dienstleistung = Emotion.
I hope you’re as ecstatic as I am

Und mit den originellen Emails beim touchpoint mit dem Kunden schafft es das Team von Hipstamatic sich vom Mitbewerb deutlich abzugrenzen. Natürlich muss man aufpassen: Die Zielgruppe, die auf diese Art der Kommunikation anspricht ist nicht universell. Mein Papa (Pensionist) hätte mit der Art von Emailkontakt wahrscheinlich keine Freude. Aber mein Papa bedient ja auch kein Iphone….

 

Quellen und weiterführende Literatur zum Thema:

[Car92] Carlzon, Jan. 1992. Alles für den Kunden. 5. Auflage. Frankfurt/New York : Campus Verlag, 1992. ISBN 3-593-33975-7

[Sch11] Schneider, Stickdorn (2011): This is Service Design Thinking: Basics – Tools – Cases

Die Autoren haben auch eine Website, wo sie den Customer Journey Canvas vorstellen: Ein Tool um u.a. Touchpoints auszuformulieren.
http://thisisservicedesignthinking.com/

Weitere Infos zum Thema Touchpoints:

http://www.servicedesigntools.org/